Jugendprojekt
Jugendarbeit einmal ganz anders.
Vor ca. 10 Jahren habe ich einige unserer damaligern jugendlichen Mitglieder ins Auto gepackt und wir sind zu einem F3K-Wettbewerb gefahren. Keiner hatte auch nur einen Schimmer von Ahnung, um was es bei dem Wettbewerb ging. Schleudern war offensichtlich wichtig. Freundliche Teilnehmer klärten uns in soweit auf, dass man dem Geschehen einigermaßen folgen konnte.
Mit diesem unglaublichen F3K-Baszillus wurde Michael infiziert. Alles Gesparte wurde zusammen gekratzt und der erste gebrauchte Schleudersegler ging in seinen Besitz über. Doch dem, in der Zwischenzeit angehenden Ingenieur, war das Material nicht ausreichend Gut genug. Er konstruierte während seines Studiums "sein" Modell, las die Vorschriften der Klassenvereinigung, baute sich Formen, recherchierte im Internet und in den einschlägigen Foren und erlernte das richtige Programmieren seiner Fernsteuerung. Zu Hilfe kam ihm dabei natürlich, die im väterlichen Betrieb vorhandene CNC Maschine, die all seine Vorgaben umsetzte. Dabei legte Michael sehr viel Wert auf geschickte Detaillösungen, wie zum Beispiel die Servohalterung aus GFK.
Dies wiederum stecke unseren heutigen Jugendlichen im Verein an. Michael hatte bereits mehrere Modelle gebaut und kontinuierlich verbessert und kam letztlich dem Wunsch von sechs Jugendmitgliedern nach, auch solche Flieger zu bauen. Fleißig wurde mit Michaels Modell auf dem Flugplatz geübt um die entsprechende Technik des Schleudern zu erlernen. Nun hatte der Konstrukteur verloren. Es stand fest, alle wollen so einen Schmeißgeier haben.
Die von Michael geschätzte Bauzeit von 5 Tagen wurde erheblich überschritten. Letztlich kamen 3 intensive Wochen für ihn heraus.
Bei den Rümpfen war sich Michael einig, die musste er selbst herstellen. Der Aufwand mit Kohle, Kevlar, Vakuum, Pressluft und vielen Luftballons war für die unerfahrenen jungen "Modellbauern" und deren Väter zu viel. Nach dem Füllen der Luftballons gingen die Formen für 6 Stunden in den selbst gebastelten Wärmeschrank. Für diese Arbeit einschließlich der Entformung glitten ihm pro Rumpf 5 Stunden durch die Finger.
Bei den Flächen- und Leitwerkskernen aus Styrodur konnten die jugendlichen Mitbauer auch schon mit Hand anlegen. Sauber mit Schmelzdraht geschnitten wieder zurück in den Block und auf die Ordnung, um Verwechslungen zu vermeiden, geachtet.
Holme aus Balsa und GFK wurden verpresst, die Gewebezuschnitte (Kohle 80 gr/m² unidirektional) und Kevlar nach Schablone geschnitten. Auch hier zahlte sich die Recherche von Michael aus, denn nur mit einer mikroverzahnten Schere ist das einwandfreie Schneiden möglich. Als Trennmittel wurde handelsübliche Haushaltsfolie verwendet um die Flächenkerne mit den harzgetränkten Matten zu verbinden. Auf einer beheizten Funierpresse wurden die Einzelteile dann ausgehärtet. Für den Zusammenbau von Rumpf mit Seite bzw. Höhenleitwerk wurde eine Vorrichtung erstellt um die gewünschte Winkligkeit zu erreichen.
In wirklich vielen Arbeitsstunden, bei denen die Väter tatkräftig mitgeholfen haben, wurden dann die Erfolge auch immer sichtbarer. Um auch alle bei Laune zu halten wurden entsprechend Cola, Chips und handfeste Brotzeiten ausgegeben. Aus den vielen Einzelteilen setzte sich so langsam ein Wurfgleiter zusammen.
Um eine Vorstellung für die Kosten der Modelle zu erhalten hier ein paar Zahlen: Materialkosten pro Modell ohne Servos ca. 75 € und für die Vakuumpumpe wurden 50 € ausgegeben. Der Verein unterstützte die Jugendlichen großzügig mit der Bedingung, dass das Modell zum Fliegen kommt. Alle sechs haben die Unterstützung erhalten und stolz präsentierten sie sich beim Flugtag dem großem Publikum.
"So manch ein Pilot hat bei der Programmierung dieses kleinen Seglers die Grenzen seiner Fernsteuerung kennen gelernt" so das Zitat von Michael. Aber auch den Vätern von Premiumanlagen trieb es Schweißperlen auf die Stirn.
Ein Schmeißgeier suchte sich auch gleich einen Platz in einer 20 Meter hohen Baumkrone. Mit Feuerwehreinsatz konnte das Modell unbeschädigt geborgen werden. Beim unmittelbar darauf folgenden erneuten Start bohrte sich die Flächespitze in den Boden - Ergebnis Werkstatt.
Michaels Ziel war und ist es den Jugendlichen den ModellBAU näher zu bringen. Wie die Arbeit zeigt muss es nicht immer die Rippe und das Gitter sein, auch mit den modernen Materialien ist das Erarbeiten eines eigenen Modells mit einem erfahrenem Lehrer möglich. Die Wertschätzung eines eigens erstellten Fliegers ist auch deutlich höher als bei den massenweise angebotenen ARF´s und RTF`s.
Das Resümee Michael ist folgender:" ....kann man sagen, dass so ein Voll GFK Segler sicher nicht das einfachst zu bauende Modell und auch sicher nicht die beste Wahl für das erste Modell ist. Die Jugendlichen sind daher auch ein paar mal an ihre Grenzen gestoßen, haben aber dadurch sehr viel gelernt. Für das nächste Bauseminar wird ein einfacheres Modell ausgewählt, so viel steht fest...."
Für mich war es eine Freude den Jungen zuzusehen wie ihr Modell entstand, mit welch einem leuchten in den Augen die einzelnen Schritte durchgeführt wurden und letztlich der spannende Moment des Erstfluges erfolgte.
Aber den Hut hat man mit vollem Respekt vor Michael zu ziehen. Mit welch einer Ausdauer, Geduld, viel Geschick und noch mehr persönlichem Einsatz zum Ende seines Studiums die nicht einfache Arbeit einen Haufen hummelgleichen Jungen den Modellbau so nahe zu bringen.
Axel